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Mario (5) und Paolo (9)

 PräventSozial: Tiergestütztes Projekt DIE MUTMACHER

Nachdem wir Euch im Teil I unserer „Geschichten von Watson“ Einblicke in seine Tätigkeit als Vernehmungsbegleithund gegeben haben, möchten wir Euch im Folgenden Watsons zweites Einsatzfeld etwas näher vorstellen, das den Bereichen Kriminalprävention und Opferschutz zugeordnet werden kann. 

Geschichten von Watson – Teil II 

- Paolo (9) und Mario (5) –

Melanie ist 29 Jahre alt und Mutter zweier Söhne. Sie wird in Ihrer Partnerschaft Opfer Häuslicher Gewalt. Leider häufig, und so auch bei Melanie, dauert das Beenden einer solchen Beziehung lange Zeit. Mütter haben weniger Möglichkeiten, ihr eigenes Geld zu verdienen, fühlen sich mitschuldig oder abhängig. Der Absprung ins Ungewisse quält. Irgendwann trifft Melanie für sich und ihre Söhne die Entscheidung, Hilfe in einem Frauenhaus zu erhalten. Früher gab es häufiger Nacht-und-Nebel-Aktionen wie man sich das vielleicht vorstellt. Heute führen die Frauenhäuser nicht selten Wartelisten. Der Auszug aus der Familienwohnung ist somit meist nicht überstürzt, sondern oftmals über eine gewisse Zeitspanne hinweg geplant.

Kinder, die mit ihrer Mutter in einem Frauenhaus leben, haben entweder selbst Gewalt in der Familie erfahren oder Gewalt des Vaters gegenüber der Mutter miterlebt.
Intensive Konfliktgefühle wie Angst, Scham und Ohnmacht haben mit der Dauer oftmals Einfluss auf die kindliche Psyche und die gesunde Entwicklung sozialer und emotionaler Kompetenzen. Die Folgen können vielfältig sein. Zwischen introvertiertem und aggressivem Verhalten kann alles vorkommen.
Wir reden von Kindern und Jugendlichen, die Gewalt durch nahe Bezugspersonen, meist die eigenen Eltern erlebt haben, aus ihrem Umfeld gerissen werden und nun unter den besonderen Bedingungen des Frauenhaus-Alltags leben. Meist verbunden mit einer neuen Schule. Freunde können nicht eingeladen werden, da die Adresse geheim bleiben muss.   

Kinder und Jugendliche, die im Frauenhaus-Alltag oder in der Schule Verhaltensauffälligkeiten zeigen, werden häufig für das tiergestützte Angebot DIE MUTMACHER mit Watson und Henry vorgeschlagen.
Watson ist ein Golden Retriever Rüde mit abgeschlossener Therapiebegleithundeprüfung. Er ist sensibel, fröhlichen Charakters und hat eine „Goldie“ Gemütsruhe. Rasse- und ausbildungsbedingt will er gerne Dinge richtig machen, er hört zu, ist gelehrig und liebenswert.

Paolo ist neun Jahre alt. Sein jüngerer Bruder Mario ist fünf. Die beiden wirken recht unterschiedlich und sind trotzdem sehr aufeinander bedacht. Der Kleine orientiert sich stark an seinem großen Bruder und ist deutlich sicherer und beruhigter, als wenn er allein ist. Paolo macht für einen Neunjährigen einen überdurchschnittlich vernünftigen Eindruck. Sein Verhalten gegenüber Mario erinnert mehr an die Fürsorge eines Elternteils als an das Verhalten eines großen Bruders.

Affinit-t-Tiere
Wenn Watson mit dabei ist, sind beide Jungs gleichermaßen um das Wohlbefinden des Hundes bemüht. Sie holen ihm beispielsweise unaufgefordert Wasser und achten darauf, dass sein Wassernapf nie leer wird.
Bei einem der ersten Besuche von Watson will der kleine Mario ganz allein den Wassernapf füllen und Watson bringen. Er ist aber so aufgeregt, dass er die Hälfte verschüttet. Sein großer Bruder bleibt ruhig, holt ein Tuch, wischt das Wasser vom Boden auf, füllt den Napf noch einmal, gibt Mario den Napf erneut und sagt ihm: „Lauf‘ langsam und halt den Napf gerade, dann passiert nichts.“
Watson bleibt so lange auf seinem Plätzchen liegen und beobachtet die Situation. Er hat von der durchführenden Sozialarbeiterin die Anweisung erhalten, vorerst nicht aufzustehen und herumzulaufen. Das gibt beiden Buben vorerst noch mehr Sicherheit.  

Wie es sein kann, dass das der gleiche Neunjährige sein soll, der sich in der Schule mit Mitschülern schlägt, scheint in einer solchen Situation in keiner Weise nachvollziehbar. Doch Paolos Lehrerin gibt genau diese Rückmeldung. Wenn Paolo wütend wird, kommt es regelmäßig zu Überreaktionen, die oftmals in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Konfliktauslöser stehen. Auch bei den Einheiten mit Watson fällt auf, dass es dem Jungen sehr schwer fällt, Gefühle zu benennen. Ein Gefühl zu spüren, bevor es gänzlich da ist, ebenfalls. Meist ist es dann zu spät. Wenn sich der Bauch zusammenzieht, wie er es beschreibt, kann er den Druck nicht mehr handeln, die Wut muss raus und sein Ventil ist das einzige Verhaltensmuster, das er von seinen Eltern in Konflikten gelernt hat: Gewalt.  

Es hat viele Jahre gedauert, bis seine Mutter an dem Punkt war, den Vater zu verlassen. Jahre, in denen sich immer wieder von Gewalt geprägten Tage und Nächte wiederholt haben. Tage und Nächte, an denen viel geweint wurde und die Angst das Atmen schwer fallen ließ. Von allem, was Melanie und Paolo erzählen, waren beide von der Gewalt des Vaters betroffen, sein jüngerer Bruder nicht. Mit Paolo kognitivbasiert zu arbeiten, scheint wenig zielführend. Er ist sprachlich eher schwach, seine Konzentrationsfähigkeit ist gering.

Genau in solchen „Fällen“ ist die Tiergestütze Pädagogik und die Unterstützung durch Watsons Anwesenheit sinnvoll. Sie basiert nicht nur auf Gesprächen, sondern primär auf Erlebnissen. In der Nähe eines Tieres ist es erst einmal nicht so wichtig, ob man sich lange und aufmerksam konzentrieren kann. Es ist auch nicht so wichtig, dass die Sprachfähigkeit nicht voll ausgebildet ist. Ein Tier bindet die Aufmerksamkeit auf eine schöne und sanfte Art an sich.
(Denn stellen Sie sich selbst einmal ein schwieriges Gespräch oder eine schwierige Verhandlung vor und dann kommt ein Hund mit einem Spielzeug im Maul in den Raum. Das ist direkt eine andere Stimmung. Das ist ein Lächeln und Freude.) 

Watson wird ab jetzt bei Paolo bewußt für folgendes eingesetzt:  

- Als Türöffner: Menschen, die viele Beziehungsbrüche erlebt und Schwierigkeiten haben, Vertrauen in Menschen aufzubauen, sind über Tiere oftmals leichter zu erreichen.
- Als Spiegel über die Beziehungsfähigkeit und Art, in Beziehung zu gehen: Hunde geben unmittelbar Rückmeldung auf gegenwärtig gezeigtes Verhalten.
- Als Trainer zum Erlernen sozialer und emotionaler Kompetenzen, insbesondere durch das Führen und Anleiten von Watson. 

Darüber hinaus ermöglicht Watson Paolo ein positives Körpererleben. Dass der Junge traumatische Erlebnisse hatte, ist unbestritten. Er hat Schwierigkeiten, wenn seine Emotionen ihn überwältigen. Doch bei der Arbeit mit dem Hund wird alles eins:
Watson gibt Nähe, Zärtlichkeit und erlaubten Körperkontakt. Paolo hat durch die Gewalterfahrungen und seine unsichere Bindung zu seinem Vater das Zulassen von Nähe fast verlernt. Für die weitere Entwicklung und auch sein weiteres Leben, ist Nähe und Vertrauen jedoch wichtig. Wir Menschen brauchen das. Und wir merken es seit Corona noch viel mehr als zuvor. Die Wärme einer Umarmung, körperliche Zuneigung und Berührung sind Dinge, die wir Menschen zum Leben und Glücklich-Sein brauchen. Ist diese Fähigkeit nicht da oder wurde sie in ihrer Ausprägung gestört, hat das möglicherweise lebenslange Konsequenzen auf Beziehungen, Partnerschaften und auch später auf die eigenen Kinder.
Tieren gegenüber Nähe zuzulassen, fällt häufig leichter. Das wissen vor allem Tierbesitzer*innen. So geht es ja auch ein bisschen uns Erwachsenen. Manche Menschen kommen unangenehm nahe, doch dieses Gefühl gibt es bei einem schwanzwedelnden Hund oder einer schnurrenden Katze nicht.

Dauer-Begleitung

Im Verlauf der pädagogischen Maßnahme gelingt es Paolo zunehmend besser, seine Impulse zu regulieren, auch dann, wenn Übungen mit Watson nicht ad hoc funktionieren. Watson zuliebe schreit er nicht mehr und wirft auch nichts mehr durchs Zimmer, nachdem er einmal erlebt hat, wie sich der sensible Rüde in geduckter Körperhaltung auf seine Decke zurückzog als Paolo einen Bauklotz aus Wut quer durchs Zimmer warf. In Situationen, wo die Wut in ihm hochkocht, steht er nun auf und läuft dreimal um den Tisch. Er schnaubt dabei wütend, aber ohne die Stimme zu heben. Paolo ist jetzt auch nicht mehr autoaggressiv oder beschädigt Gegenstände. Das ist gut so. Er lernt gerade durch den Hund, dass es leichtere und bessere Wege gibt, wenn man Gefühle „anders“ kanalisiert. Diese Empathie Watson gegenüber wird nach und nach auf Situationen in der Schule mit Mitschülern übertragen. Und darin besteht die Arbeit mit Watson im Wesentlichen: Hilfe für die kleinen Menschen in unserer Gesellschaft, denen nicht nur Gutes in ihrer kurzen Lebenszeit widerfahren ist.
Step by step und in kleinen Einheiten gelingt es Paolo die Vorkommnisse in der Schule auch kognitiv zu bearbeiten. Stets im Wechsel mit aktiven Übungen mit Watson. Bei einem der letzten Einheiten sagt Paolo schließlich: „Und wenn ich dann mal wieder so wütend werde und am liebsten einen schlagen möchte, dann tue ich so als wäre das Watson und dann mache ich es nicht.“  

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Sie haben Probleme und möchten reden?

Bundesweite Hilfstelefonnummern:
Gewalt gegen Frauen – T:  08000 116 016
Die Nummer gegen Kummer – T: 116111
Die Nummer des Elterntelefons – T: 0800-111 0550
PräventSozial: 0711 / 23988 483

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Helfen Sie bitte mit. Jede Spende zählt. 
Bei PräventSozial können Sie über das Spendenformular direkt spenden, und erhalten auf Wunsch eine Spendenquittung. Zum Spendenformular geht's : HIER  
Ebenso haben Sie die Möglichkeit, bei Auenland Spendensterne zu erwerben. Die Spendensterne wandeln wir einmal monatlich in eine Futterspende um. Unter diesem Artikel finden Sie die Spendensterne. (Wenn Sie nur Spendensterne erwerben möchten, sprechen Sie uns gerne an. Darauf werden keine Versandkosten erhoben.)

 

Pr-ventSozial

 

Wichtiger Hinweis in eigener Sache:
Alle Namen sind frei erfunden. 
Die Mitarbeiter*innen von PräventSozial, die u.A. Watson führen, besitzen eine mehrjährige Ausbildung. Das Studium zur Sozialarbeiter*in/Sozialpädagog*in dauert 7 Semester. Wichtig ist an dieser Stelle zu Erwähnen, dass ein Blogbeitrag keine differenziert fachliche Arbeit spiegelt. Der Hund ist im Prinzip nur ein Teil der Arbeit. Durchführend ist die pädagogische Fachkraft, der Hund wirkt unterstützend und kann Sozialarbeiter*innen nicht ersetzen; darauf geht auch die Namensgebung der Tiergestützten Pädagogik zurück.

 

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  • Danke

    Liebes Team von Auenland,
    Liebe Mutmacher,

    wie wichtig ich die Unterstützung für Opfer von Gewalt finde, kann ich gar nicht beschreiben. Das Thema ist voller Tabus, jeder weiß was aber niemand sagt was. Danke für den Mut, das anzusprechen und auch zu zeigen, dass Hunde einen großen Teil für die armen Kinder beitragen. Ich kaufe von den Spendensternen.
    Gruß aus Wuppertal,
    Viktoria Wesseler

  • Tolles Projekt

    Hallo Auenländer,

    ich mag mir gar nicht vorstellen, was in solchen Kindern vorgeht. Ich habe von dem Bericht Gänsehaut.
    Ich frage mich, wie es sein kann dass es nicht viel mehr Unterstützung für solche Kinder gibt, und warum so tolle Unterstützer wie das Auenland nicht schon längst im Fernseher kommen. Vielleicht würden dann viel mehr Firmen ihren Kunden berichten. Macht immer weiter so.

  • schwieriges Thema

    Liebe Auenländer,

    ganz schwieriges Thema... Da zieht es mir die Brust zusammen. Es ist wichtig, dass hingeschaut wird und das man nicht die Gesellschaft davor schützt wenn es solche Geschichten in Deutschland gibt. Es ist schon ein Elend. Die Idee mit dem Hund wünsche ich mir in vielen Frauenhäusern. Es wäre schön, wenn es mehr Hunde geben würde.
    Danke für den Einblick